Jerusalem

Stätte zweier Frieden

Jerusalem
Jerusalem

Jerusalem ist mit seiner weit zurückreichenden Geschichte eine heilige Stätte für die drei abrahamitischen Religionen. Gleichzeitig steht der Ort als Symbol für eine nicht existente, die „himmlische Stadt“. Die „Couleurs de la cité céleste“ von Olivier Messiaen geben in diesem Programm den transzendenten Bezugspunkt vor. Darum gruppiert sich Musik aus islamischem (Ehsan Ebrahimi, Samir Odeh-Tamimi) christlichem (José María Sánchez-Verdú) und jüdischem (Dániel Péter Biró, Sidney Corbett) Kontext, begleitet von den Klageliedern über die Zerstörung der Stadt (Lamentationes, von Klaus Huber, Thomas Tallis und Tomas Luis de Victoria).

Der Name „Jerusalem“ wird zuweilen übersetzt mit „Stätte zweier Frieden“. Die Spannung zwischen dem historischen (zeitweise friedlichen Zusammenleben der Religionen und Kulturen), gegenwärtigen (zerstrittenen) Jerusalem und der nur von Hoffnung auf Verstehen geprägten Zukunft wird in diesem Projekt gestaltet. Ein irdischer Ort mit seiner uralten Geschichte, zugleich Symbol endzeitlicher Erwartung, bildet den Hintergrund für bis heute fast unlösbar verwickelte Konflikte. Und doch gemahnt der Name „Jerusalem“ an salam: „Frieden“.

Die Vielzahl der musikalischen Sprechweisen ist der besondere Reichtum in diesem Programm. Die beteiligten Komponisten und Interpreten verkörpern durch Herkunft und Ausbildung multikulturelle Erfahrungen: Dániel Péter Biró (Uraufführung) lebt als ungarischer Jude in Kanada, Ehsan Ebrahimi (Uraufführung) ist Muslim aus dem Iran, Bnaya Halperin-Kaddari Israeli und Samir Odeh-Tamimi Palästinenser. Der Spanier José María Sánchez-Verdú nimmt mit seiner Bearbeitung liturgischer Musik Bezug auf die Zeit der Reconquista um 1170, Sidney Corbett aus den USA (Uraufführung) auf jüdische Traditionen. Außerdem sind ein persischer Sänger und ein Santurspieler sowie eine Sängerin aus Israel ins Programm integriert.

Die Klagelieder des Propheten Jeremia über die Zerstörung Jerusalems im Jahr 586 v. Chr. (Lamentationen) wurden in der abendländischen Musiktradition vielfach vertont. Sie stehen für Zerstörung, Flucht, Unterdrückung, Leidenserfahrung und Gottesferne, immer endend mit dem Ruf convertere Jerusalem (kehre um, Jerusalem) unter anderem von Thomas Tallis (ca. 1585), Tomas Luis de Victoria (ca. 1600) und Klaus Huber (1993/97). Stefan Wolpe komponierte seinen „Psalm“ nach seiner Flucht aus Berlin (1933) im amerikanischen Exil.

Frieden – Schalom – Salam enthält immer ein utopisches Element: Auch das will dieses Projekt zum Ausdruck zu bringen.