ZUGABE - digital (Folge 3)
Johannes Brahms: "Ein deutsches Requiem", 1. Satz
Bearbeitung für Kammerensemble von Lea Wolpert (2012)
(Live-Mitschnitt, Peterskirche Heidelberg 2016)
SCHOLA HEIDELBERG, ensemble aisthesis, Ltg. Walter Nußbaum
"Kann, ja darf man ein derart bedeutendes, großartiges Werk "verkleinern"? - vor diese Frage sah ich mich gestellt, als meine Dirigierklasse nach einer Aufführung von Schönbergs op.8 (Orchesterlieder) und Zemlinskys op.13 an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover voller Begeisterung an mich mit der Bitte herantraten, im Sinne Schönbergs das Brahms-Requiem zu bearbeiten und aufzuführen, so wie der Wiener Kreis um seinen Lehrer für den Verein für musikalische Privataufführungen doch viele große Werke von Mahler, Bruckner etc. für kleines Kammerensemble bearbeitet hatte, um diese Werke im Detail kennen zu lernen und auch kammermusikalisch ausdrücken zu können.
Meine Skepsis war groß, doch schließlich ließ ich mich aus "pädagogischer Einsicht" umstimmen. Das Ergebnis ist alles andere als eine pädagogische Lösung geworden, bietet doch die kammer -musikalische Besetzung unter Umständen durchaus andere Möglichkeiten als ein Orchesterapparat. Farbklänge, differenzierte Agogik, herausgearbeitete Artikulationen, alles, was Kammermusik bietet, kann hier realisiert werden, mit einer unglaublichen Flexibilität. Von vornherein wurden auch die Originalpartitur und das Autograph in die Arbeit einbezogen, viele Details wurden an Brahms' Erstdruck und an dem Autograph gemessen und geprüft, so wie die originalen Metronomzahlen von Brahms, die noch im Erstdruck der Partitur erschienen und in den späteren Ausgaben getilgt wurden. Nachdem die Bearbeitung, die das Sommersemester 2012 in Anspruch nahm, unter intensiver Mitwirkung des Musiktheorie-Kollegen Prof. Martin Messmer hergestellt war, brachten wir die Bearbeitung am Ende einer Arbeitsphase zur Erstaufführung. Inzwischen wurde das Werk mehrmals aufgeführt, und nach jeder Aufführung wurden noch Verbesserungen vorgenommen. Für die bei der Herstellung des Notenmaterials geleistete editorische Arbeit gebührt Britta Giesecke von Bergh und Christof Pannes mein besonderer Dank. Die Aufführungen erwiesen sich als so tragfähig, dass wir uns nicht scheuen, diese Ausgabe als gültige Fassung für kleinere Besetzung vorzustellen und hiermit einen Live-Mitschnitt des öffentlichen Konzerts vom 13.11.2016 in der Peterskirche Heidelberg herauszugeben."
Walter Nußbaum
Die Folge 2 von "ZUGABE-digital" aus der letzten Woche finden Sie hier.